Große Worte und plumpe Lügen

(19. März) Didi Zach, Landessprecher der KPÖ-Wien, über den EU-Wahlkampfauftakt der SPÖ-Wien und die kämpferischen Reden von Häupl und Faymann.

„Es ist nicht egal, wer in Europa, im Europäischen Parlament das Sagen hat!,“ betonte der Wiener SPÖ-Vorsitzende, Bürgermeister Dr. Michael Häupl am Montagabend beim EU-Wahlauftakt der SPÖ Wien in der Wiener Hofburg. Und Bundeskanzler Faymann gab zu Protokoll, dass Millionen junge Menschen in Europa „ein Recht darauf (haben), genauso gerettet zu werden wie die Banken in Europa“.

Wenn Häupl und Faymann beim Wahlkampfauftakt behaupten, die Sozialdemokratie trete – im Gegensatz zu Neoliberalen und Nationalisten – für den Zusammenhalt und das Miteinander, für einen starken Sozialstaat ein, so ist dies entweder Wunschdenken kombiniert mit Selbstbetrug oder aber, dies ist wohl wahrscheinlicher, eine plumpe Lüge.

Ohne sozialdemokratische Unterstützung im EU-Parlament hätte die Troika ihre Rezepte, mit denen Millionen Menschen in Griechenland, Spanien und Portugal ins Elend getrieben werden, nicht umsetzen und durchziehen können. Ohne sozialdemokratische Unterstützung hätte die EU-Kommission die wirtschaftspolitisch total stupide Sparpolitik quer durch EU-Europa, die einzig und allein der Intensivierung der Umverteilung von Arm zu Reich dient, nicht durchsetzen können.

Und selbst im nationalen Rahmen betrachtet, handelt es sich bei den Behauptungen von Häupl und Faymann nur um schnell zerplatzende Seifenblasen. Wer, so wie die SPÖ, im österreichischen Parlament dem ESM zustimmt, der sollte nicht über Zusammenhalt und Miteinander sprechen, denn Zusammenhalt und ESM gemeinsam sind genau so wenig realisierbar wie die berühmte Quadratur des Kreises. Wer sich, so wie die SPÖ, selbst in eine ökonomisch widersinnige Zwangsjacke (Stichwort: Fiskalpakt) steckt, der sollte nicht über jene schimpfen, die von marktkonformer Demokratie sprechen und die Wettbewerbsfähigkeit zum Maß aller Dinge erheben.

Was es braucht, da haben Häupl &  Faymann vollkommen recht, ist ein Kurswechsel. Die europäische Sozialdemokratie mag für gar allerlei stehen, für einen politischen Kurswechsel steht die europäische Sozialdemokratie aber ganz sicher nicht. So bleibt als Ausweg: Wer ein anderes Europa will, der/die muss für ein anderes politisches Kräfteverhältnis, für eine Stärkung der Kräfte links von Sozialdemokratie und Grünen eintreten – in den jeweiligen Nationalstaaten und im EU-Parlament.

Leidet SPÖ-Landesparteisekratär Deutsch an Amnesie?

Übrigens: Die Grünen haben dem ESM ebenfalls zugestimmt. Und seinerzeit haben die Grünen im  Europaparlament und im österreichischen Parlament den Lissaboner Vertrag mitbeschlossen, der die neoliberale Wirtschaftspolitik zur Verfassungsnorm erhoben hat.